Im Beyto Check: Voice erfordert tief greifendes Umdenken – meint Internet-Pionier Peter Kabel

 

 

Beyto hört für Sie genau hin: Peter Kabel, Professor für Interaction Design an der HAW Hamburg, spricht diese Woche über das enorme disruptive Potential von Sprachassistenten – in der aktuellen Folge von The Marketing Transformation Podcast mit Erik Siekmann. Wir fassen einige der spannendsten Aussagen zusammen und nehmen den Faden mit unserer Voice-Expertise auf.

Peter Kabel nennt sich selbst „Deutschlands ältesten Digital Native“. Die Kommunikation zwischen Mensch und Maschine hat sich in wenigen Jahrzehnten extrem gewandelt – von Befehlskommandos über die Computer-Maus bis hin zum Touch-Screen. Und jetzt kommt Voice: kein Gadget für Tech-Fans, sondern ein neues User Interface mit tief greifenden Auswirkungen auf unser Leben. Mit dieser Meinung ist Peter Kabel nicht allein: Schon heute sind 40% der Deutschen überzeugt, dass die Technologie zukünftig eine wichtige Rolle spielen wird – wie die repräsentative Beyto Smart Speaker Studie 2020 zeigt.

Unternehmen sollten Voice ernst nehmen. Kabel vergleicht die Situation sogar mit den Anfangszeiten von Internet oder Mobile, als manche Firmen viel Zeit verloren haben. Weil sie statt auf eine überflüssige Website weiter auf den Versand von Katalogen setzten. Weil sie Smartphones einfach nur für Computer mit kleinen Monitoren hielten. Auch wir sind überzeugt, dass ein großer Teil der Konsumenten zukünftig nur noch per Sprache erreicht werden kann. Denn – wie Kabel und Siekmann ebenfalls betonen – gilt wie für jede neue Technologie der Grundsatz: Wer eine positive Nutzerfahrung macht, will nicht mehr zurück.

Ein dramatischer Appell, wenn man sich den aktuellen Voice-Markt anschaut. In wenigen Tagen wird Beyto zum zweiten Mal eine Auswertung des Alexa Skill Stores veröffentlichen – im letzten Jahr rangierten Pups-Generatoren und Tiergeräusche ganz oben in den Top Ten, für die sich 2020 ein ähnliches Bild abzeichnet. Auch Peter Kabel räumt ein, dass Alexa derzeit noch in den Kinderschuhen steckt – wie damals der App-Markt mit diversen Wasserwaagen- und Bierglas-Apps. Doch er betont, dass auch eine exponentielle Entwicklungskurve langsam beginnt. Unser Beyto-Credo passt perfekt dazu: Wer früh dabei ist, verschafft sich den entscheidenden Wettbewerbsvorteil.

Eines der großen Voice-Versprechen sieht Podcast-Gastgeber Siekmann in der natürlichen Suche: Konsumenten müssen sich bei der Eingabe von Suchbegriffen nicht mehr an ein System anpassen, sondern das System versteht ihre in natürlicher Sprache formulierte Frage. Peter Kabel betont, dass allein die natürliche Semantik ein fundamentales Umdenken erfordert: Unternehmen müssen – ausgehend von einem Nachfrager-Markt – in konkreten Use Cases denken. Sein Beispiel: Ein Konsument wird vielleicht nach einer Pfanne fragen, in der die Eier nicht anbrennen, während der Hersteller aktuell als Beschreibung „Pfanne, beschichtet, hoher Rand“ anbietet. Es ist offensichtlich, dass die beiden sich per Sprachsuche so nicht finden werden.

Das SEO-Wissen hält Kabel für eine gute Grundlage, sich diesem Thema zu nähern. Das sehen wir bei Beyto genauso und haben deshalb bereits vor ein paar Monaten einen Guide zum Thema Voice Search veröffentlicht. Wir wollen Unternehmen den Einstieg in das Thema erleichtern, damit sie schon heute via Sprachsuche gefunden werden. Denn es gibt zahlreiche Möglichkeiten, bereit gestellte Informationen für VoiceSearch zu optimieren und auf passende Structured Data Formate umzustellen.

Gut, wenn Ihr Unternehmen auch per Sprache gefunden wird. Doch mit welchen konkreten Voice-Anwendungen sollte man starten? Kabel und Siekmann plädieren für den Dialog im Kundenservice: Laut Siekmann betreffen etwa 80% aller Anfragen wiederkehrende Themen und eignen sich deshalb perfekt für ein maschinelles Verfahren. Ein 24/7 Service bei gleichzeitiger Kostenreduktion im Call Center sind die schnell erkennbaren Vorteile. Ausgehend davon konstatieren die beiden, dass Voice für das Marketing momentan wohl eher ein Retention- als ein Akquise-Tool darstellt.

Wir glauben, dass man Voice schon heute auch zur Lead-Generierung einsetzen kann. Zunächst müssen Unternehmen identifizieren, in welchen Bereichen eine Sprachanwendung dem potenziellen Konsumenten einen besonderen Komfort oder eine deutliche Vereinfachung bringen kann. Nehmen wir das simple Beispiel eines Pizza-Lieferservices: Statt „Pizzadienst, Berlin, Nähe Kreuzberg“ in die Suchmaske einzutippen und danach die Speisekarte zu lesen, sagt der hungrige Kunde einfach: „Ich möchte eine Salami-Pizza“. Der Lieferdienst, der die Frage versteht und dem Sprachassistenten direkt ein Angebot machen kann, wird diesen Umsatz realisieren.

Für welche Branchen wird Voice als erstes ein Thema? Peter Kabel beantwortet diese Frage aus der Nutzerperspektive und verweist auf Situationen mit einem „dilemma of choice“ für den Kunden – sobald der Wunsch nach Auswahl bei einem Zuviel an Information wie 1.000 angezeigten Schuhen in Frustration kippt. Sprachassistenten können den Auswahlprozess vereinfachen, was aber Vertrauen des Kunden voraussetzt. Wir sind sicher, dass gerade beim Shopping – per Sprache noch so gut wie nicht vorhanden – eine weitere Option an Bedeutung gewinnen wird: nämlich die Kombination von Sprache und Bild, also die Vernetzung der Sinne. Unsere aktuelle Beyto Smart Speaker Studie zeigt, dass bereits ein Drittel der technikaffinen Nutzer über Smart Speaker mit einem Display verfügt.

Dennoch: Vertrauen bleibt beim User Interface Voice ein Thema. Vertrauen basiert darauf, dass man sich auf den anderen verlassen kann. Im Fall intelligenter Assistenten heißt das: Je besser der Assistent mich kennt, desto sicherer kann ich sein, dass er die richtige Entscheidung trifft.

Deshalb glauben wir bei Beyto, dass übergeordnete Plattformen wie Amazon Alexa oder Google Assistant durch den Aufbau von Wissen auch zukünftig relevant sind, wenn es um nahtlose Kommunikation geht. Gleichzeitig sehen wir aber auch den Sinn von Individual-Lösungen intelligenter Assistenten, wie sie derzeit entstehen. So gibt es Pilotprojekte für Kliniken mit dem Ziel, Informationen aus Arzt-Patienten-Gesprächen parallel zu erfassen und den ärztlichen Blick auf den Monitor überflüssig zu machen. Es leuchtet ein, dass für diesen sensiblen Datenbereich nach eigenen Wegen gesucht wird.

Richtig interessant wird es für den Patienten aber, wenn er später zuhause entscheiden kann, sich mit einer einfachen Frage an Alexa das aktuelle Röntgenbild schicken zu lassen. Wir bei Beyto sind überzeugt, dass sich die Kommunikation der Zukunft in diese Richtung entwickeln wird. Anders gesagt: Peter Kabel und Erik Siekmann sprechen darüber, dass in einigen Jahren die Unternehmen nicht mehr direkt mit dem Konsumenten in Kontakt treten, sondern ihre Botschaften an Assistenten kommunizieren. Wir gehen da noch einen Schritt weiter: Wir denken, dass Assistenten miteinander sprechen werden.

Ein beängstigendes Science-Fiction-Szenario? Nicht, wenn man die neue Technologie von Anfang an zu verstehen lernt – und damit auch in Zukunft handlungsfähig bleibt.